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Mili's Tanz auf dem Eis

Krise und Rekonstruktion des Patriarchats

Um wenigstens anzudeuten, in welche Richtung wir weiter denken wollen und differenzieren müssen, werfen wir einen Über- Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse.

Die weltweite Entwicklung der letzten 20 Jahre ist gekennzeichnet durch eine permanente Zunahme von Kriegen, durch technologisch perfektionierte Ausbeutung und Zerstörung von Menschen sowie ihrer Lebensgrundlagen, durch tendenzielle Auflösung und Umwandlung traditionell - patriarchaler Geschlechterverhältnisse, die Verunsicherung des weißen patriarchalen Mannes in seiner Vorherrschaft, die Beendigung der Phase der sog. Wohlstandsära in den Metropolen, welche einhergeht mit der Zunahme rassistischer Gewalt, Nationalismen, weiterer Zuspitzung der Gewalt gegen Frauen, ihrem Zurückdrängen aus gewonnenen Positionen und ihrer zunehmenden sozialen Spaltung und Polarisierung in verarmende und gutsituierte Frauen.

Wir haben diskutiert, ob sich diese Entwicklungen als Krise und Neukonstituierung des Patriarchats zusammenfassen und anders entschlüsseln lassen.

Die sog. moderne, westlich- weiße Metropolengesellschaft, der weiße Mann als "Erfinder der Aufklärung, der Zivilisation, des Fortschritts, der Entwicklung der Produktivkräfte, von Freiheitgleichheitbrüderlichkeit, Individualismus, Wohlstand und Demokratie" ist an Grenzen seines patriarchal- produktivistischen Modells gestoßen worden. Es läßt sich kaum noch verschleiern, daß dieses Modell die Grundlagen menschlicher sozialer Existenz zerstört (hat): durch Industrialisierung und Raubbau verwüstete Landstriche, (Natur-) Katastrophen als nicht mehr im Griff zu behaltende Folge des produzierten ökologischen Ungleichgewichts und die Vernichtung und erzwungene Flucht von Millionen von Menschen aus ihrer Heimat. Viele Menschen erfahren in stärkerem Ausmaß, daß die als Entwicklung verkauften Maßnahmen ihnen die Grundlagen ihrer Existenz nehmen, ihre

Abhängigkeit verstärken, und sie demonstrieren Ablehnung, fliehen - als Ausdruck ihrer Forderung nach menschenwürdigem Leben - und entwickeln Widerstand, sind nicht zum Schweigen zu bringen.

Der permanente Raub der "Ressourcen" aus der armen Welt für die reiche Welt hat die Armut in den Drei Kontinenten immer schneller an- und inzwischen auch in die Metropolen hineinwachsen lassen. Die Strukturen und Verhältnisse in den Ländern der Drei Kontinente spiegeln sich in den Metropolen wider - zunehmende Zahl von Armutsflüchtlingen und auch von verarmenden weißen Menschen - und umgekehrt gibt es in den Drei Kontinenten Inseln wachsenden Reichtums und Konsums inmitten der Armut. Dort tragen insbesondere die Frauen ihre Forderungen nach menschenwürdiger Existenz und gegen die wachsenden rassistischen und sexistischen Gewaltformen in die Öffentlichkeit.

Diese Bedingungen, breiter Widerstand und Strategien dagegen sowie die Stärke, die Frauen in unzähligen Kämpfen entwickelt haben, zwingen das imperialistische Patriarchat dazu, seine Herrschaftsmodelle um7ubauen, um die Grundlagen für das Weiterfunktionieren patriarchaler Konzepte wieder neu herzustellen.

Die Re- bzw. Neukonstituierung des patriarchalen Geschlechterverhältnisses spielt für und in den Kämpfen eine zentrale Rolle.

Das Modell des patriarchalen Wohlfahrtsstaats mit der daran geknüpften Geschlechterbeziehung in den Metropolen Mann = ..Ernährer". Frau = Hausfrau und "Zuverdienerin" - ist der Normalität von Arbeitslosigkeit, Entgarantierung von Arbeitsverhältnissen und wachsendem Arbeitsdruck und Existenzsorgen v.a. vieler Frauen, aber auch von Männern, gewichen. In der materiellen Zuspitzung wachsen die rassistischen und sexistischen Kämpfe um neue Macht- Teilhabe vor allem der Männer an.

In der Metropole fangen wir erst an, uns mit den neuen Formen sozialer Polarisierung - z.B. über Kontakte zu geflüchteten Frauen - auseinanderzusetzen.

Frauen haben sich überall auf der Welt politisches und soziales Terrain erkämpft, das ihnen nicht ohne massive Repression genommen oder nicht bruchlos in Modernisierungsstrategien des kapitalistischen Patriarchats umgesetzt werden kann.

Es ist wichtig und hilfreich, uns dessen bewußt zu sein und uns klar zu machen, daß das Um- sich- schlagen, die gewaltsamen Anstrengungen und brutalen Maßnahmen der Männer(bünde) zur Wiederherstellung und Erneuerung ihrer Macht Ausdruck Iavon sind, wie angeschlagen ihre Machtbasis ist.

Daher gibt es allen Grund, Hoffnungen und Chancen, an der bisher entwickelten Frauenstärke anzuknüpfen und der Erneuerung und Verfestigung patriarchaler Machtverhältnisse entgegenzutreten.

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