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Mili's Tanz auf dem Eis

Anmerkungen

[1] An den Veröffentlichungen unserer alten Texte sehen wir, daß das Interesse an unserer Politik weiterhin besteht. Uns fehlt aber eine kritische Auseinandersetzung damit.

[2] Obwohl viele der damals entstandenen Frauenprojekte ihre Existenz und ihren Integrationsprozeß der Stärke öffentlich- radikaler FrauenLesbenbewegung/ -aktionen und dem dadurch gewährleisteten Schutz verdanken, distanzierten sich viele FrauenLesben von militanter Politik, um ihre Strukturen vor möglicher Kriminalisierung zu bewahren und sich gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern. Heute zeigt sich, wie sehr es auf die Stärke der Gemeinsamkeit ankommt: Viele der von staatlicher Finanzierung abhängigen Projekte sind kaum noch in die autonome FrauenLesbenbewegung integriert bzw. diese Bewegung selbst ist im Moment ziemlich schwach. So ist die Strategie der Herrschenden teilweise aufgegangen, die darauf zielte (und immer wieder darauf zielen wird), radikale Bewegungen durch die Integration von Teilen in kontrollierbare Bahnen zu kanalisieren und die 'integrationsunwilligen' abzuspalten. zu isolieren. Wenn ihnen das gelingt, dann ist es möglich - wie sich heute zeigt - daß schnell wieder all das genommen werden kann, was vom Zugeständnis der Herrschenden abhängt.

[3] Ein anderes Beispiel für das Aufgeben radikaler Systemgegnerlnnenschaft ist auch die damals beginnende Alternativbewegung: ursprünglich / von der Idee her gegen den kapitalistischen Markt, gegen Ausbeutung, Entfremdung und Konsum gerichtet, entwickelte sie sich schnell zur Alternativ- Ökonomie, zum Vorreiter und Bestandteil für kapitalistisch- innovative Erneuerung.

[4] "Drei Kontinente", nämlich Afrika, Asien und Lateinamerika bezieht sich auf den politischen Begriff der Trikontinentale, der von den antiimperialistischen Befreiungsströmungen in den 60er Jahren benutzt wurde: aus der Erfahrung der Gemeinsamkeit imperialistischer Unterdrückung und Auspressung und der Kämpfe dagegen in allen drei Kontinenten schöpften viele Kämpferinnen ihre Kraft und Hoffnung auf Befreiung vom übermächtigen Feind.

[5] Daß z.B. die Herrschaft der Sandinisten in Nicaragua im Verhältnis zur Somoza- Diktatur eine qualitative Verbesserung der Lebensbedingungen bedeutete, ist keine Frage. Insofern hat es revolutionäre Prozesse gegeben. Das widerspricht aber unserer Problematisierung nicht. (Siehe dazu auch die Ausführungen zu Marxismus Leninismus und Befreiungsbewegungen.)

[6] Festnahme anti- rassistischer Demonstrantlnnen. die die Flüchtlinge in den Unterkünften bei der ZAST in Rostock- Lichtenhagen schützen wollten. Anderntags fanden die rechten Pogrome statt, die sie benötigen, um die Vertreibungs- und Abschottungsgesetze gegen Flüchtlinge durchzusetzen.

[7] In der Zeit vorher und auch später hat es immer wieder Aktionen von militanten FrauenLesben- Kleingruppen gegen diese Läden gegeben: "Aufräumen", Schlösser verkleben, sprühen, Fenster einschmeißen, stinken ...

[8] z.B. die zunehmend brutalisierte Gewalt der Väter und (Ehe-) Männer, der florierende Handel mit Kinderpornos und die erhöhte Nachfrage nach Kinderprostituierten sind verschiedene Ausdrucksformen in der momentanen Entwicklung sexistischer Alltagsgewalt.

[9] Sprengstoffanschlag gegen die philippinische Botschaft in Bonn 1982, gleichzeitig Brandanschlag gegen das Auto des "Ehevermittlers" Kirschner in Köln.

[10] Erinnern wollen wir an die gelungene Aktion der Rasenden Zora, die einen Händler überfiel und exemplarisch bestrafte.

[11] In diesem Sinne könnten wir auch von "Heiratsmigration" sprechen.

[12] Mit unseren Planungen sind wir indem an eine besondere Grenze gestoßen: es hat uns ständig Probleme bereitet, Ziele auszugucken, die sozusagen inhaltlich optimal sind, bei deren Angriff aber die Gefährdung von Personen oder die Freisetzung von unbekannten und evtl. gefährlichen Materialien ausgeschlossen werden konnte (Hochsicherheitsbereiche, Unterbringung vieler Laboratorien! Institutionen in gemischt genutzten Bereichen wie z.B. Krankenhäusern). Dadurch war die Auswahl eingeschränkt.

[13] Es ist augenfällig, daß heute, wo es praktisch keine Bewegung dagegen mehr gibt, die Genbetreiber mit aller Macht versuchen, die weitere Liberalisierung des Gentechnik- Gesetzes durchzusetzen.

[14] Die Durchsuchungen, Verhaftungen und Fahndungen vom 18.12.87, dazu später noch mehr.

[15] Sprengstoffanschlag auf die Adler- Hauptverwaltung in Aschaffenburg im Juni 1987; Brandanschläge gegen Adler- Verkaufsmärkte gleichzeitig in Aachen, Bremen, Frankfurt/M., Halstenbek, Holzwickede, lsernhagen, Kassel, Neuss, Oldenburg im August 1987. Adler ist ein Textmulti mit großen Verkaufsmärkten in der BRD, der u.a. in Fabriken in Südkorea produzieren läßt. Zur Zeit der Anschläge waren die Textilarbeiterinnen einer dieser Fabriken in Südkorea - Flair Fashion - im Streik, den wir durch unsere Aktionen unterstützt haben (s.u.).

[16] Kurz nach unseren Aktionen machte eine Frauengruppe dieses Namens einen ähnlichen Anschlag gegen den Berliner Verkaufsmarkt der Firma Adler.

[17] höherer Stundenlohn, Zulassung unabhängiger Gewerkschaft, keine sexuelle Gewalt, keine Entlassungen infolge der Arbeitskämpfe bzw. Wiedereinstellungen

[18] Ein Beispiel wäre das Verhältnis von der FMLN zur Bevölkerung in den befreiten Gebieten von El Salvador Ende der 80er Jahre, wohin die Menschen geflohen waren, um unter dem bewaffneten und politischen Schutz und mit Unterstützung der FMLN selbstbestimmte Basisstrukturen aufzubauen.

[19] Dieses Überlegenheitsdenken ist mit dem Beginn der Neuzeit entstanden (Ende 15., Anfang l6.Jh.) - Kolonisierung, der Mord an 4 Mio Frauen (Hexenverfolgung = Enteignung von Frauenstärke und Zurichtung auf die Neue Zeit), die Vertreibung der Juden aus Spanien. Pogrome und Sonderbehandlungen gegen sie in anderen europäischen Regionen. Die Ideologie der Höherentwicklung basiert auf diesen Voraussetzungen. Die kapitalistische Entwicklung des "Abendlandes" wäre Ohne die bis heute fortgesetzte Vertreibung. Zerstörung. Unterwerfung und Ausbeutung von Menschen und Natur nicht möglich gewesen. Das Überlegenheitsdenken stellt also die wahren Verhältnisse auf den Kopf. Die reale Abhängigkeit der Metropole von den Kolonisierten und den Frauen steht im Gegensatz zu ihrer paternalistisch- missionarischen Unabhängigkeitsideologie.

[20] Wir wollen anderen FrauenLesben nicht absprechen, für sich andere Entscheidungen zu treffen. Wir kritisieren aber, wenn dabei weiterhin Widersprüche vertuscht und eigene Frauenbefreiungsziele nicht ins Verhältnis gesetzt werden zu konträren Machtansprfichen und Positionen von Befreiungsorganisationen.

[21] vgl. Vandana Shiva: Das Geschlecht des Lebens

[22] Nora Astorga, sandinistische Guerillera und spätere Diplomatin, wurde als "Mata Hari" bekannt, weil sie einen verhaßten somozistischen Folterer- General zu sich lockte, den ihre Genossen dadurch mit dem Tod bestrafen konnten.

[23] "Recompas" und "Recontras" kämpfen bis heute mit bewaffneten Besetzungen, Geiselnahmen und Aufständen um ihre Forderungen nach Abfindungen, Land und Zukunftsperspektiven. Die Chamorro- Regierung konnte die Führer oft mit Zugeständnissen abspeisen oder kaufen, und ihre Landnahmen und Arbeitssuche verschlechterte zudem noch die Überlebensbedingungen dort lebender Frauen.

[24] Das läßt sich sinngemäß in etwa mit "jetzt erst recht kämpfen wir als Frauen" übersetzen, in Bezug auf die recompas und recontras.

[25] Von Nolte und seinen Schülern verbreitete Position zum Holocaust, der relativiert und verschleiert wird über vergleiche mit 'anderen' Völkermorden und kriegerischen Auseinandersetzungen, und die die Singularität des Holocaust verneint. Diese Position wurde von anderen und liberalen HistorikerInnen kritisiert. Wichtig daran bleibt aber ihre öffentliche Formulierung und die damit verbundene Tabubrechung, die gesellschaftlich offensiv betrieben wurde.
Heute fordern Stimmen z.B. in der Wirtschaftswoche, daß auf die. Wirtschaftspolitik der Nazis als "spannende Zahlen und Maßnahmen" zurückgegriffen werden können muß, unabhängig von der Vernichtung der jüdischen Menschen. Die heutige Öffnung Osteuropas für die deutsche Wirtschaft spielt in Analogie zum NS dabei eine entscheidende Rolle.

[26] Fehlt im Original!

[27] Die Veröffentlichung und Vernichtung von NS-Akten im Humangenetischen Institut Münster 1986 und von der 'Zigeunerdatei" in Köln 1989 waren Ausnahmen, die an dieser Tatsache wenig ändern können. Daß eine RZ- Gruppe sich ausgerechnet mit dem populistischen Argument "fehlender Resonanz" auf die Flüchtlingskamnaane und die Veröffentlichung der "Zigeunerakten" von illegaler Politik verabschiedet hat, finden wir beschämend.

[28] Auch zu den Sinti und Roma verhalten sich nur sehr wenige Menschen solidarisch, und von diesen wenigen der größte Teil erst dann, als diese selbst mit vielfältigen Aktionen ihr Bleiberecht einforderten.

[29] Am 18.12.87 fanden bundesweit Hausdurchsuchungen in Privatwohnungen an Arbeitsplätzen statt. Ulla und Ingrid wurden an diesem Tag bzw. nach 2 Tagen verhaftet, andere später zur Fahndung ausgeschrieben. Staatlicherseits wurden die Verhaftungen als Erfolg gegen die Rote Zora und RZ gefeiert.

[30] Ausdruck der Ausblendung von praktischem, illegalem Widerstand als Bestandteil des FrauenLesbenkampfes war auch, daß mehrheitlich die Gen- und Reproduktionstechnologien zum auschließlichen inhaltlichen Thema der Solidaritätskampagne gemacht wurden. Das Thema Adler, das für uns ja als letztes vor dem 18. auf der Tagesordnung gestanden hatte, wurde fast vollständig "umgangen", obwohl es dazu von FrauenLesben auch nach dem 18. noch ein paar öffentliche Aktionen gegeben hat.

[31] Eine genaue Auseinandersetzung mit Repression muß Bestandteil des politische Alltags sein, darf aber nicht dazu führen, daß FrauenLesben aus Angst vor Repression die Grenzen freiwillig vorverlegen. Die Furcht vor dem "Konstrukt" - ohne dies im Zusammenhang mit konkretem illegalen Widerstand zu sehen - hat wahrscheinlich mit dazu beigetragen, daß die öffentlichen politischen Räume heute so wenig gefüllt sind.

[32] Wir haben dieses einschneidende Ereignis heute weitestgehend verdrängt, finden aber eine grundsätzliche Auseinandersetzung damit dringend notwendig, denn der Krieg ist nicht zu Ende.

[32a] Darin wurde uns einmal mehr bewußt. daß uns als weißen FrauenLesben in der Metropole in bestimmtem Grade individuelle Wege der Selbstverwirklichung offenstehen. d.h. relativ zufriedenstellende Betätigung in Studium. Ausbildung, Job etc., in die sogar ein Teil der politischen Identität eingebracht werden kann, aber die als individuelle Lebensweise jenseits eines kollektiven Prozesses des Sich- gegen- die- Verhältnisse- Stellens und der entsprechenden Verantwortlichkeit für und untereinander liegt. Diese Wahlmöglichkeit ist keine Spezialität der Roten Zora, sie betrifft auch andere FrauenLesbenzusammenhänge. Sie erschwert unsere kollektiven Prozesse, was sich darin ausdrückt, daß Unsere Politik oft abgekoppelt ist vom sogenannten Privatleben (Job/Freizeit), und den Widerspruch beinhaltet, sich einerseits innerhalb dieses Systems einzurichten (sozusagen im Privatleben), andererseits das System zu bekämpfen (in den politischen Gruppen). Diese Trennung aufzuheben ist ein notwendiger Schritt, wenn wir hier die Verhältnisse zum Tanzen bringen wollen. 1x die Woche zur Frauengruppe, und 2x zur Selbstverteidigung und 1x im Monat zur Demonstration reichen da nicht.

[33] Schwarzer Feminismus. Gloria I. Joseph, Hrsg., Berlin 1993)

[34] Der Begriff "Hausfrauisierung der Arbeit", der die zunehmende Nichtbezahlung von Arbeit weltweit benennen soll, ist dafür eher ein Negativbeispiel: in eurozentrischer Sicht wird ein Merkmal des hiesigen Geschlechterverhältnisses auf trikontinentale Bedingungen übertragen, so daß weder die Unterschiedlichkeit noch die gegenseitige Abhängigkeit der Geschlechterverhältnisse erfaßt wird.

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