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RZ / Rote Zora

Interim Nr. 492 vom 27.1.2000

RZ und Repression - eine ausgewählte Chronologie

August 1978: Bundesgerichtshof erläßt nach den unfreiwilligen Aussagen des erblindeten RZ-Mitglieds Feiling Haftbefehl gegen Sabine Eckle, Rudolf Schindler, Sonja Suder und Christian Gauger, die von den Bullen verdächtigt werden, die Frankfurter Zelle der RZ zu sein. Die vier tauchen ab. Tarek sagt später aus, Schindler und Eckle hätten von etwa 1985 bis etwa 1990 in Berlin- Kreuzberg gelebt.

28. Oktober 1986: Dem Leiter der Ausländerbehörde Berlin, Harald Hollenberg wird vor seinem Haus in Zehlendorf in die Beine geschossen. Die Polizei geht von einem Mann und einer Frau als direkte Täter und einer weiteren männlichen Person als Aufpasser aus. Der Fluchtwagen, ein VW Passat, wird später brennend gefunden. Hollenberg verfolgte nicht nur eine harte Linie als Chef der Ausländerbehörde, sondern ließ sich auch bestechen und mußte deshalb zwischendurch zurücktreten.

1. Februar 1987: Sprengstoffanschlag der RZ auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber in Berlin. Der Anschlag richtet nur geringen Schaden an, bei einem Brandanschlag der Revolutinären Viren/Jugendorganisation der RZ brennt der Bau später aber aus.

1. September 1987: RZ verüben das Attentat auf Günter Korbmacher, Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht. Beim Verlassen seines Hauses wird der damals 61jährige von zwei Schüssen in den linken Schenkel getroffen. Die Polizei geht von zwei Tätern aus, die auf einem Motorrad fliehen. Das Motorrad mit einem gefälschten Kennzeichen wird später in der Nähe gefunden. Korbmacher hatte u.a. geurteilt, die Verfolgung von Tamilen sei nicht prinzipiell gegeben, sondern müsste in jedem Einzelfall nachgewiesen werden. Ebenfalls trat er für eine grundlegende Änderung des Asylrechts ein - und war damit seiner Zeit deutlich voraus.

18. Dezember 1987: Bundesweite Razzia gegen RZ und Rote Zora gegen insg. 33 Personen. Ulla Penselin und Ingrid Strobl werden verhaftet. Vier Personen, darunter Ulli Dillmann, Thomas Kram und Corinna Kawaters, entziehen sich und tauchen unter.

April 1988: Die Polizei stellt in Dahlem ein Auto sicher, das im August 1987 geklaut worden war. Es enthält einen Sprengsatz mit 3 Kilo Sprengstoff, einen Benzinkanister, einen Wecker, zwei Motorradhelme, zwei Jogginghosen, zwei Windjacken und mehrere Taschen. Der Wagen wird als Fluchtfahrzeug der RZ bezeichnet. Der Sprengsatz hatte nicht gezündet.

Oktober 1988: Generalbundesanwalt stellt Ermittlungsverfahren gegen Schindler und Eckle ein.

Juni 1989: Ingrid Strobl wird zu 5 Jahren Haft wegen Unterstützung einer terroristrischen Vereinigung verurteilt. Später wird die Strafe auf 3 Jahre reduziert.

Januar 1991: Rudolf Schindler und Sabine Eckle erscheinen wieder auf der Bildfläche.

Januar 1991: Fehlgeschlagener Anschlag auf das Sozialministerium NRW und die Düsseldorfer Staatskanzlei. Wenig später erklärt die für diese Aktionen verantwortliche Zelle ihre Auflösung und läutet damit das Ende der RZ ein.

Februar 1991: Sprengstoffanschlag auf die Berliner Siegessäule wegen Golfkrieg

Juni 1991: Brandsätze im Berliner Reichstag durch eine RZ gegen Regierungsumzug.

Juli 1991: Revolutionäre Zellen fackeln 2 Kaiser's Supermärkte ab, weil Kaiser's auf dem Gelände des ehemaligen KZ Ravensbrück einen Supermarkt errichten will.

November 1992: Mehrere Wohnungen und Arbeitsplätze werden in Berlin durchsucht. Die Staatsanwaltscha verdächtigt einen Berliner, den RZ anzugehören und am Korbmacher-Anschlag beteiligt gewesen zu sein. Die Ermittlungen werden später eigestellt.

Ende März 1995: entwenden laut Bundesanwaltschaft (BA W) zwei Jugendliche aus einem Keller im Prenzlau Berg unter anderem etwa zwei Dutzend Pakete des gewerblichen Sprengstoffes Gelamon 40 sowie 4,15 Meter Sprengschnur.

Anfang April 1995: wird dieser Sprengstoff von der Polizei bei den Jugendlichen beschlagnahmt. Die Jugenlichen behaupten, den Sprengstoff in einem Park gefunden zu haben. Die Brisanz des Fundes erkennt die Polizei anscheinend nicht sofort. Spätestens im Frühjahr 1999 ist die Polizei der Meinung, daß dieser Sprengstoff eine Teilmenge von am 4. Juni 1987 von "ubekannten Mitgliedern der RZ" aus einem Bergwerk in NRW entwendet Sprengstoffs ist. Dieser Sprengstoff soll bei mindestens drei Sprengstoffanschlägen oder versuchten Sprengstoffanschlägen, zu denen sich die RZ bekannten, verwendet worden sein. Eine erneute Befragung der Jugendlich führt die Polizei zu dem Keller.

25. Oktober 1995: Corinna Kawaters stellt sich der Bundesanwaltschaft, nachdem sie zuvor Kontakt mit dem VS'ler Benz (Aussteigerprogramm) aufgenommen hat.

Mitte der 90er: Auch Ulli Dillmann taucht wieder auf - nachdem das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt worden ist.

März 1998: Prozessbeginn gegen Corina Kawaters. Ihr wird vorgeworfen, 1987 mindestens elf Monate lag den RZ/Rote Zora angehört zu haben. Bei den Hausdurchsuchungen war bei ihr einer der besagten Wecker gefunden worden.

Juni 1998: Urteil gegen Corinna Kawaters in Stuttgart.

1998: Festnahme von Hansjochaim Klein in Frankreich.

19. Mai 1999: Tarek Mousli wird als Mieter des Kellers verhaftet und der Unterstützung einer terrorischen Vereinigung verdächtigt. Gegen ihn wird Haftbefehl erlassen. Auch eine Lebensgefährtin aus Mitte der 91 Jahre soll ihn wegen des Kellers belasten. An einer politischen Unterstützung hat Tarek kein Interesse hat ("Keine Politik"). De fakto behandelt er die Angelegenheit als Privatsache. Weder über seinen Anwalt noch sonstwie ist erfahren, worauf die Vorwürfe gegen Tarek nun genau beruhen. Eine kurze Zeitungsnotiz in der "Berliner Zeitung" bleibt die einzige Quelle.

7. Juli 1999: Tarek Mousli wird gegen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Zuvor hatteer eine begrenzte Einlassung zu den Vorwürfen gemacht.

13.11.1999: Festnahme von Rudolf Schindler in Frankfurt wegen "Beihilfe zum Mord" -aufgrund der Ausagen von Hans-Joachim Klein.

17.11.1999: Die Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen Rudolf Schindler, weil er Klein zur OPEC-Aktion überredet und Logistik beigesteuert haben soll.

23.11.1999: Tarek Mousli wird erneut verhaftet, diesmal unter dem Vorwurf, "Rädelsführer der Berliner RZ" gewesen zu sein, und in die JV A Köln-Ossendorf verschleppt. Konkret wird ihm die Tatbeteiligung an den Beinschüssen am 28. Oktober 1986 auf den damaligen Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Harald Hollenbe vorgeworfen. Desweiteren soll er am 27. September 1987 den damaligen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Günter Korbmacher durch zwei Schüsse in die Unterschenkel verletzt haben. Überraschend konkret meint die BA W nicht nur eine Tatbeteiligung behaupten zu können, sondern daß er geschossen hat. Zudem soll er am 6. Februar 1987 an einem Sprengstoffanschlag auf die Zentrale Sozialhilfesteile für Asylbewerber beteiligt gewesen sein. Weiter soll er "unmittelbaren Zugang zum damaligen Waffendepot der RZ in Berlin" gehabt haben. Der Beschuldigte soll "auch maßgeblich in die Strategiediskussionen innerhalb der RZ zu Beginn der 90er Jahre eingebunden" gewesen sein. Woher die BA W meint, diese Informationen zu haben, bleibt weiterhin unklar. Der Anwalt von Tarek erhält von Tarek weiterhin keine Genehmigung, Auskünfte zu geben, auf welchen Konstrukten oder Aussagen von einer weiteren Person die Vorwürfe beruhen. Gerüchten zufolge sollen die Vorwürfe auf Aussagen seiner früheren Lebensgefährtin (1995) beruhen, die nach einem längeren Auslandsaufenthalt der Polizei in einem weiteren Verhör ihr gesamtes (vermeintliches) Wissen preisgegeben haben soll. Ihr gegenüber soll Tarek 1995 mit seiner angeblichen Vergangenheit geprahlt haben.

Zeitgleich werden an diesem Tag acht "Objekte" durchsucht, fünf davon in Berlin, zwei in Brandenburg und eins in Sachsen-Anhalt. Vier davon soll Tarek regelmässig benutzt haben, vier sind Wohnungen von Kontaktpersonen. Darunter sind auch die Wohnungen von Axel H. und Martin B., denen laut Durchsuchungsbeschluß "intensive persönliche und schriftliche Kontakte zum Beschuldigten" unterstellt werden. Desweiteren wurden die Wohnungen einer Frau und die Wohnung des Lebensgefährten dieser Frau durchsucht. Weiter die beiden Kampfsportstudios im Prenzlauer Berg und in Marzahn, an denen Tarek beteiligt ist, sowie natürlich seine eigene Wohnung.

6. Dezember 1999: In der Berliner Zeitung erscheint ein Artikel, in dem es hauptsächlich um die Suche der Polizei nach dem StaSi-Anwalt Jürgen Wetzenstein-Ollenschläger geht. Dieser soll sich lebhaft an der Sicherung der StaSi-Millionen vor der Bundesregierung beteiligt haben und lebt seit 1992 in der Illegalität. Wiederholt soll er sich seitdem in Ostberlin aufgehalten haben. In dem Artikel wird festgestellt, daß es sich bei der Frau, bei der ebenfalls wegen Tarek durchsucht wurde, um die Ex-Schwiegermutter von Wetzenstein-Ollenschläger handeln soll. Gesucht haben soll die Polizei laut dem Autor des Artikels in der Wohnung dieser "Frau K." eine Art "Lebensversicherung" von Tarek Mousli, in der er Mittäter bei RZ-Aktionen aufgelistet haben soll. Ob ein Schriftstück dieser Art gefunden wurde, ist unklar.

14.12.1999: Der Anwalt von Tarek legt sein Mandat nieder. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte klar sein müssen, daß Tarek nun Sachen macht, die selbst sein mit ihm seit Jahrzehnten befreundeter Anwalt nicht mittragen kann. Doch diese Information wird nicht offensiv bekanntgemacht. Spätestens an diesem Tag hatte Tarek begonnen, Aussagen zu machen, denn die Haftbefehle gegen Axel, Harald, Sabine und Rudolf sind mit diesem Tag datiert. Genauso die Durchsuchungsbefehle für den Mehringhof. Da davon auszugehen ist, daß Tarek das Kronzeugengesetz in Anspruch nimmt, wird er in Zukunft sich mit Hilfe der Justiz eine neue Idendität zulegen dürfen.

19.12.1999: Der Mehringhof und die Privatwohnungen von Axel, Sabine und Harald werden durchsucht. Rudolf erhält in seiner Zelle, in der er aufgrund einer weiteren Denunziation durch Hans-Joachim Klein sitzt, einen zweiten Haftbefehl überreicht. Im Mehringhof wird trotz eines Großaufgebots von 1.000 Polizisten nicht das dort vermutete Waffenlager der RZ gefunden. Aus den Durchsuchungsbeschlüßen geht hervor, daß die Gründe für die Durchsuchungen und die Festnahmen auf Aussagen von Tarek beruhen ("Nach Angaben von Tarek Mousli").

Gerüchten zufolge hat Tarek bis zu fünfzig Namen preisgegeben, die er für Anhängerinnen der RZ hält.

27.12.1999: In einem Focus-Artikel wird eine Liste mit fünfzig Namen von Anhängern der RZ genannt. Ob die Liste existiert und dies eine juristische Relevanz für die Genannten hat, ist unklar, da die meisten Sachen verjährt sind. Daß die BAW Probleme mit den Verjährungsfristen hat zeigt auch ihr in dem Artikel beschriebener Versuch, die letztlich tödlich verlaufenden Schüsse auf die Beine des hessischen Wirtschaftsministers Karry 1980 nicht wie es offenkundig den Tatsachen entspricht, als "Körperverletzung mit Todesfolge", sondern als "Mord" zu verfolgen. Dies würde der BAW ein Ausdehnen der Verjährungsfristen gegen unendlich ermöglichen - Mord verjährt nicht.

04.01.2000: Tarek soll weitere Aussagen machen und wird von den Verhörern auf Unstimmigkeiten seiner früheren Aussagen hingewiesen, die er nun bereitwillig korrigieren soll.

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http://www.freilassung.de/div/texte/rz/int492_210100.htm