Noch eine Kritik an der Raabe-Kampagne:
AUCH DIE, AUFRECHTEN ANTIIMPERIALISTEN MÜSSEN IM BAUM-TUNNEL
GEBÜCKT GEHEN
Folgenden Brief erhielten wir zugeschickt:
War der Sprecher der Rudolf- Raabe- lnitiative auf dem Teach-In
des Frankfurter AstA in "Ist der Staat ein Softi?" noch
ein wortgewaltiger Verfechter der Antikapitulationsstrategie gegenüber
den Integrationsangeboten Baumscher Coleur, so zieht er im Falle
der Rudolf- Raabe- Kampagne die harten Bandagen des anti- imperialistischen
Kämpfers aus und schlüpft statt dessen in ein modischeres
Softikostüm.
Im O- Ton der Rudolf- Raabe- Initiative liest sich das so:
"Wir haben uns vor kurzem in Petitionen und mit einer Unterschriftenliste
an die Minister Baum und Vogel gewandt" (wegen der medizinischen
Versorgung des "Opfers" Rudolf Raabe, d. Verf.). Oder:
"Wir hoffen auf eine Flut von Telegrammen, Briefen und Telefonaten
an die Minister Baum und Vogel, an Abgeordnete und Prominente (vielleicht
an Rudi Carell und Franz Beckenbauer, A. d. Verf.), an Gewerkschaften
und Publikationen." Dabei dürfen Appelle an irgendwelche
Kirchenfürsten oder Bürgerrechtsgruppen natürlich
nicht fehlen (siehe Info, Rudolf Raabe in Lebensgefahr, S. 7).
Im Pflasterstrand Nr. 77 war dann auch Genaueres zum Aufbau und
den Voraussetzungen der Rudolf- Raabe- Kampagne zu lesen:
So mußte der "Fundus linker Blätter" durch
"Drohbriefe" und "terroristische" Methoden auf
Trab gebracht werden; damit die Raabe- lnfos überhaupt veröffentlicht
wurden, deren Inhalte unter den folgenden Prämissen standen,
bzw. immer noch stehen: ". ..man entwerfe einen Aufruf, der
unbedingt aus dem Rahmen fallen muß, also möglichst weder
zu politisch noch moralisch sein darf, und verstehe es dennoch,
vor allem Moral so geschickt implizit und erpresserisch einzusetzen,
daß dem derart eingekesselten Solidaritätswilligen nichts
anderes übrigbleibt, als mindestens einmal seine gepflegte
Unterschrift zu vergeben."
Das derart Solidarität schaffende Rudolf- Raabe ,,-sales-
promotion-Team" beschwert sich dann einige Zeilen später
über die mangelnde Resonanz, die seine Anstrengungen in der
Linken gefunden hätte:
"Da aber diese ganze Betroffenheit nur oberflächlich
sich an Reiz- und Prominenzeigenschaften imaginiert, und nie wirklich
- weder menschlich noch politisch - an irgendwas beteiligt ist,
war der Posteingang in Sachen Raabe 5 Tage nach der Stern- Veröffentlichung
signifikant rückläufig."
Wen wunderst, wenn die Initativgruppen, die sich des Kalküls
der moralischen Erpressbarkeit der Linken in dieser Weise bedienen,
mit ihren Kampagnen und den moralisch an die Wand geschriebenen
Solidaritäts(un)willigen nur allzuschnell Schiffbruch erleiden.
Die 10 000 DM, die hier für die "einfache Solidarität"
veranschlagt wurden, wären unter diesen Voraussetzungen bei
einer professionellen Public Relations Organisation wohl besser
aufgehoben gewesen.
Merkwürdig erscheint es auf alle Fälle, daß Rudolf
Raabes politische Identität und Geschichte den Unterstützern
nur einige Nebensätze wert ist: ". ..er ist Linker, arbeitete
in einem Buchladen und beteiligte sich vornehmlich an antiimperialistischen
Veranstaltungen. .." (siehe Info: Rudolf Raabe in Lebensgefahr,
S. 2). Statt dessen wird die Betonung der Kampagne auf das "Opfer"
Rudolf Raabe gelegt, das, wie dann auch richtig festgestellt wird,
von der Bundesanwaltschaft zum Carlos II aufgebaut wurde.
Bei der Beurteilung, inwieweit noch Chancen bestehen, daß
Rudolfs Forderungen nach Aufhebung des Haftbefehls und freier Ärztewahl
überhaupt noch realisierbar sind, kann die Rudolf- Raabe- lnitiative
nur auf die taktische Zurückhaltung des Herrn Innenministers
spekulieren, d.h. daß zu gegebener Zeit die Ziele seiner "Liberalisierungskampagne"
auch Rudolf Raabe zu gute kommen.
Aber auch nur dann, wenn er sich gegen die härtere Gangart
der Bundesanwaltschaft längerfristig durchsetzen kann. Also
die Hoffnung, daß sich die Tauben- gegen die Falkenfraktion
innerhalb des Machtapparats behaupten kann.
Die Hoffnung, daß sich die "Baumsche Liberalisierungsstrategie"
im Kampf für die Rückkehr von Rudolf Raabe in einen politischen
Erfolg ummünzen ließe, ist eine Illusion. Das sollte
eigentlich auch der Rudolf- Raabe- lnitiative klar sein.
Wie sonst war dann der Diskussionsbeitrag eines ihrer Sprecher
auf dem eingangs zitierten AStA- Teach- In zu verstehen, wenn es
nicht der pure Opportunismus war, der den Sprecher dort beflügelte?
Das einzig Beruhigende für uns ist, daß die Spendengelder
für Rudolf Raabe auf ein seit 10 Jahren bewährtes Spendenkonto
fließen. ...na ja, Solidaritätskampagnen werden halt
immer teurer (für diese Begründung mußte sogar der
gute alte Brecht seinen Namen hergeben, siehe PS Nr. 77, S. 22).
10000 DM, so die Rudolf- Raabe- Initiative, kostet sie mittlerweile.
Dies ist allein 3mal auf dem 1 1/2 seitigen Pflasterstrandartikel
erwähnt.
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