|
Axel - ein Geschäftsführender Hausmeister
(Aus: Der MehringHof © 1999 MehringHof GmbH)
Aus ganz unterschiedlichen Perspektiven kennt Axel,
Geschäftsführer und Hausmeister den MehringHof. Als
Hausmeister weiß er um den baulichen Zustand des Projekts in jedem
Winkel, aber auch um das Verhalten der Projekte zu dem Gebäude, alls
Geschäftsführer kennt er die Verwaltung in ihren Facetten, und in
den Anfängen hat er es aus der Warte des Kneipengründers
miterlebt.
Damls war er Kneipenkollektivist im
"Specci", der Westberliner Szenekneipe, die dann in den
MehringHof umgezogen ist und sich - nach dem ersten Kollektivwechsel -
zum "Ex" wandelte. "Wir haben in der Kneipe lange
überlegt, ob uns der Ansatz hier nicht zu reformistisch ist. Wir
hätten lieber ein Haus bestzt als gekauft. Aber unsere Räume
reichten nicht mehr, und wir hatten Lust auf Veränderung",
erinnert Axel sich an die GründerInnenzeit. Und die Kneipe, die
zunächst mit vereinten Kräften der KollektivistInnen und
FreundInnen aus- und umgebaut wurde, war dann in der Stadt "der
Renner. Da war die ganze Polit-Szene, vom Hausbesetzer und Punk bis zum
Alt-68er und Müsli-Freak, aber auch gestylte Schicki-Mickis."
Ein
bißchen Wehmut schwingt in Axels Stimme mit, wenn er
sagt: "Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen."
Unvorstellbar ist heute auch, daß eine gutgehende Kneipe samstagsabends
bewußt zumacht, zum Beispiel, um politischen Veranstaltungen
Raum zu bieten, oder daß am Tresen, wenn es zu voll ist, nachts
um 12 Uhr für eine Stunde einfach kein Bier mehr ausgeschenkt
wird. Doch sowohl das Spectrum wie das Ex waren eben
nie nur eine Kneipe, es war in diesen Bewegungs-Hoch-Zeiten zugleich
"politische Zentrale". Hier liefen die spannenden Polit-Veranstaltungen,
gab es jede Menge Informationen und den Lautsprecher-Wagen für
die Demos.
Doch nach vier Jahren und mit dem Abflauen der Hausbesetzerbewegung
hatte das Leben im Vollen ein Ende, es machte sich "Frust in der
Szene" breit, und die BesucherInnen veränderten sich, nicht
gerade zum Positiven. Drogen und Schlägereien wurden plötzlich
ein Problem, und das erste Kneipenkollektiv zog für sich einen
Schlußstrich und zumindest mit einem Teil der Gruppe nach
Nicaragua. Dort beteiligten sie sich mit ihrem kollektiv
erwirtschafteten Kneipengeld an einem Schulbauprojekt und einer
Seifenmanufaktur für salvadorenische Flüchtlingsfrauen.
Nach Deutschland zurückgekehrt, startete der heute 49-jährige
Axel, der irgendwann das Studium der Biologie und Politologie
aufgegeben hatte, "weil für mich diese Form von Wissenschaft
im Widerspruch zu meinem Politik- Vorstellungen stand", einen
neuen Kollektivversuch mit einem Weinladen. Er erwies sich als Fehlschlag,
als der MehringHof gerade einen Hausmeister suchte.
Jetzt ist Axel bereits seit neun Jahren als Hausmeister im
Projekt, und damit der Dienstälteste in der Verwaltung.
Als ich mit ihm spreche, geht er gerade am Stock und ist längere
Zeit arbeitsunfähig. Dennoch kommt er mehr oder weniger
regelmäßig im MehringHof vorbei, um dort mit den
KollegInnen ein Schwätzchen zu halten oder bei Atif Tee zu trinken.
Verbundenheit, die sich darin ausdrückt. Sie kommt auch zum Tragen,
als er über seine Sicht auf den MehringHof spricht.
Für ihn ist er "nach wie vor ein politisches Projekt, in
dem noch viel an Politik, Veranstaltungen und politischer Kultur
passiert", auch wenn seine Bedeutung "im Zuge der
Stadtöffnung und durch eine allgemeine Entpolitisierung deutlich
zurückgegangen ist". Bei der Frage nach dem Funktionieren der
Selbstverwaltung zögert er. "Da drehen sich die Probleme im
Kreis. Damit sind schon Generationen von Hausmeistern nicht mit klar
gekommen," sagt er schließlich und meint den "Umgang
mit dem Eigentum und Sachen hier. Manche verhalten sich völlig ohne
Eigenverantwortung, als gäbe es einen Hausbesitzer, der alles
regelt." Zum Beispiel? "Der Müll, der überall
liegen gelassen wird. Der kommt nicht nur von Leuten von außen,
sondern auch aus dem Haus." Obwohl er sich merklich darüber
ärgert, sagt er: "Ich habe mir inzwischen eine dicke Haut
angeschafft und verdränge das Problem einfach." Eine starke
Veränderung seiner Stellung als Hausmeister sieht Axel im
Vergleich zur Anfangszeit. "Früher waren wir eine Institution
und ein verbindendes Element der Projekte untereinander und auch mehr in
sie integriert, heute werden wir oft auf die Funktion des Hausmeisters
reduziert."
Dabei bemerkt er ein deutliches Gefälle zwischen dem Verhalten der
"Alteingesessenen" und der "Neuen" in den Gruppen.
"Gerade die Neuen behandeln mich nach dem Motto: Hausmeister, nu
mach' mal!". Auch dafür braucht er eine dicke Haut.
|