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Beitrag von Matthias zur Knastkundgebung am 19. Dezember 2001

Liebe Freundinnen und Freunde,

es ist wirklich verdammt lang her, dass ihr hier wart. Und es ist noch viel länger her, dass ich die eine oder den anderen von euch in den Arm nehmen konnte. Verdammt viel länger als ich mal angenommen hatte. Aber das Kammergericht verhält sich in der Haftfrage absolut stur. Was ja in politischen Prozessen keine Besonderheit ist. Und wie ich inzwischen mitbekommen habe, auch sonst zur gängigen Praxis dieses Gerichts gehört. Ich denke nicht, dass dies ein Zeichen von Souveränität ist. Ich halte es für das Gegenteil. Die Beweiskonstruktion war von Anfang an dürftig, das vom gekauften Zeugen zusammengelogene Zeug hält keiner ernsthaften Überprüfung stand. Nur genau dieser Überprüfung verweigert sich das Gericht. Vielmehr setzt es darauf, mit einer völlig unangemessenen Haftentscheidung und einem ständig in die Länge gezogenen Verfahren von den Angeklagten Geständnisse zu erpressen. U-Haft als Erzwingungshaft. Und damit letztlich ein Nervenkrieg.

In einem - wie ich fand sehr ärgerlichen - Artikel in der Interim war mal die drohende Formulierung enthalten, Solidarität sei keine Einbahnstraße. Nun weiß ich nicht, wofür die Verfasserinnen oder Verfasser Solidarität halten. Aber ich nehme an, sie wollten vor allem das Verhalten der Angeklagten damit kritisieren. Ihr gutes Recht. Und mein gutes Recht ist es, nicht den strahlenden Revolutionär zu spielen, der dem Gericht seine Verachtung ins Gesicht lacht. Ich bin manchmal mutlos, enttäuscht, traurig, weiß nicht weiter - und manchmal froh, wütend, zornig, kraftvoll, zuversichtlich. Also genau wie ihr. Ich befinde mich in keiner Einbahnstraße, auch in keiner Sackgasse. Ich habe eher das Gefühl wie bei einer langen Bergwanderung. Steinig, lauter Serpentinen, nahe am Abgrund. Es geht aufwärts, aber eben nur sehr langsam. Und immer wenn ich denke, ich bin gleich über den Berg, erweist es sich als Täuschung, kommt wieder eine neue Steigung statt des erhofften Gipfels. Und weil das so ist, bin ich froh, dass auf diesem Weg so viele mitgehen. Die alle will Ich bei dieser Gelegenheit grüßen, ihnen danken.

Hold on.

Matthias

MAIL
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