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Beitrag des Berliner Bündnisses für Freilassung zur Knastkundgebung am 19. Dezember 2001

Hallo!

Ein paar Worte zu dem Anlaß unseres heutigen Zusammentreffens hier:
Leider müssen wir uns schon zum zweiten Mal an diesem Ort und am heutigen Datum lautstark bemerkbar machen.

Zum einen, um unsere Freunde und Genossen Axel, Harald, Matthias, Rudolf und Sabine zu grüßen.
Ihnen wird hauptsächlich die Mitgliedschaft in den Revolutionären Zellen vorgeworfen, ein Vorwurf, der ausschließlich und allein auf den Aussagen und Plaudereien des Tarek Mousli basieren. Harald hat ihn treffend "Kronlügner" genannt.

Heute jährt es sich schon zum zweiten Mal, daß Axel, Harald und Sabine überfallartig von den Bullen verhaftet und in Knäste in Düsseldorf, Wuppertal und Frankfurt verschleppt worden sind. Am 18. April 2000 traf es dann noch Matthias, der gleich hierher in den Moabiter Knast gebracht wurde. Nach der offiziellen Anklageerhebung am 30. November 2000 wurden Axel und Harald nach Moabit verlegt, Sabine in den Frauenknast nach Pankow. Schließlich wurde auch noch Anklage gegen Rudolf erhoben, nachdem er im OPEC-Verfahren nicht verurteilt werden konnte.

Der zweite Grund für unsere Anwesenheit heute hier ist das unsägliche Verfahren vor dem Zweiten Strafsenat des Kammergerichts, dem die fünf seit dem 22. März bzw. dem 17. Mai dieses Jahres allwöchentlich ein bis zweimal im Saal 500 des Moabiter Gerichts ausgesetzt sind.

Diesen Justizskandal wollen und müssen wir hier heute zum wiederholten Male beim Namen nennen und öffentlich machen. Dieses Skandalstück auf der Bühne Moabit läuft nun bereits seit neun Monaten. Es ist gekennzeichnet durch drei Hauptaspekte:

ERSTENS: Der Prozess ist inszeniert wie ein Terroristenprozess im Stile der 70er Jahre. Das heißt, er findet im Hochsicherheitsbereich statt. Die BesucherInnen werden kriminalisiert und müssen entwürdigende Durchsuchungsmaßnahmen über sich ergehen lassen.

ZWEITENS: Das Gericht, also die Mitglieder des zweiten Strafsenats des Kammergerichts unter Vorsitz von Frau Hennig, zeigt sich desinteressiert, schlecht bis gar nicht vorbereitet, unsouverän. Es agiert, besser: es reagiert nahezu abhängig von den Vertretern der Bundesanwaltschaft, deren Vorgaben es offensichtlich befolgt. Anträge der Verteidigung hingegen werden fast immer kategorisch abgelehnt. Durch die Verschleppungstaktik des Gerichts kommt es zu einer weiteren Ausdehnung der Untersuchungshaftdauer und damit zu einer Vorverurteilung der Angeklagten. Weder Krankheit noch Unterbrechungen durch die Unterschlagung von Beweismitteln seitens der BAW erkennt das Gericht als Gründe für eine Haftverschonung an.

Das DRITTE Kennzeichen dieses Prozesses ist der bisherige Auftritt des widerlichen BKA-Zöglings Mousli im Zusammenspiel mit seinen Generalbundesanwälten. In diesem Aspekt trifft die am Anfang getroffene Bezeichnung "Bühne" voll das, was sich bis jetzt abspielte, wenn Mousli geladen war;
allerdings, das darf auf keinen Fall zu kurz kommen: es ist die Bühne eines Schmierentheaters der schlimmsten Sorte! Das äußere Erscheinungsbild, die einstudierten Redensarten und Ausdruckweisen, die Körpersprache von Mousli und das eingespielte Frage- und Antwort-Ritual zwischen ihm und der BAW, all das ist dem Ziel untergeordnet bzw. darauf ausgerichtet, wir würden sagen darauf dressiert, die fragwürdige Anklagekonstruktion zu stützen und letztlich in einen möglichst hohen Urteilsspruch umzumünzen. Die Herren des Verfahrens, die GENERALbundesanwälte (der militaristische Anklang dieses Titels kann nicht genug hervorgehoben werden...!!!) demonstrieren ihre Siegessicherheit zudem ständig mit widerwärtigen Kommentaren, Gesten und Gesichtsausdrücken.

Zusammenfassend stellt sich bei den BesucherInnen, die diese Farce in den letzten Monaten ein wenig verfolgt haben, die Erkenntnis ein: mit dem Rechtsstaat, der hierzulande immer so hoch gehalten wird, haben diese Vorgänge überhaupt nichts zu tun; schon eher etwas mit Klassenjustiz, um ein zwar altes, jedoch immer noch zutreffendes Wort zu benutzen. Der Unterschied zu den auch anfangs genannten 70er Jahren ist der, daß inzwischen ein Teil der Linken, die damals u.a. gegen solche Justizskandale, gegen Repression überhaupt gekämpft haben, ja auch selber immer wieder davon betroffen waren, die Seiten gewechselt haben; jetzt haben sie selbst Repression, Verfolgung und Unterdrückung mitzuverantworten, bis hin zu Krieg... aber das wäre jetzt eine anderes Thema. Eine Folge dieser Entwicklung ist jedenfalls, daß es heutzutage nicht mal mehr so etwas wie eine liberale Öffentlichkeit gibt, die Stellung beziehen könnte z.B. gegen diesen skandalösen RZ-Prozess.

Aber wir haben NICHT die Seiten gewechselt, für uns ist das Verhalten eines Herrn Mousli Verrat an der politischen Identität, und wir sind auch nicht bereit, die Politik der RZ über den Umweg eines solchen Schmierenprozesses auf den Müllhaufen der Geschichte zu schmeißen. Und vor allem wollen wir, daß unsere Freunde endlich aus diesem Schmierentheater rauskommen und wieder selbst darüber entscheiden können, welche ihre Identität ist, ihr Leben wieder so führen können, wie sie es sich vorstellen. Deshalb stehen wir heute hier.

MAIL
http://www.freilassung.de/div/events/191201/buendnis.htm