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Diskussion

Datum: 02/00

Zeitung:
Radio Dreyeckland

Titel:
Zur Geschichte der RZ und der Roten Zora

Radio Dreyeckland - Sendung 02/2000

(Audiomitschnitt hier)

Zur Geschichte der RZ und der Roten Zora

Mit Ausschnitten aus einem Gespräch mit Oliver Tolmein

Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle,

.... Zitat RZ// Noch wissen wir nicht, ob sich an der Flüchtlingsfrage antiimperialistische Politik mit Konfrontationslinien im entgarantierten Sektor verbinden wird. Aber der Kampf um das faktische Aufenthaltsrecht für Flüchtlinge ist auch dann richtig, wenn wir vorerst von den weißen Schichten des Proletariats weitgehend isoliert bleiben. Der Beitrag, den Gruppen wie wir zu einem solchen Projekt leisten können, besteht im Angriff auf die polizeiliche und sozialbehördliche Kontrolle, der aus öffentlichen Kampagnen allein nicht getragen werden kann.. Zitat RZ Ende

Mit solchen Sätzen begründeten in den 80er Jahren die RZ ihre Kampagne für freies Fluten , eine Reihe von ca. 15 spektakulären Aktionen auf Institutionen und Repräsentanten des bundesdeutschen Rassismus. Bereits 1973 formierten sich die RZ in Folge des Zerfalls der 68er- Bewegung und verübten bis 1993 knapp 200 Anschläge und Sabbotageaktionen. Obgleich die RZ ebenso wie die Rote Zora längst Geschichte sind, soll nun ähnlich wie im Falle der RAF auch dieses Kapitel linksradikalen Widerstandes nachhaltig ausradiert werden.

Seit Monaten läuft der polizeiliche und juristische Apparat auf Hochtouren; mehrere Menschen sind in Haft, weitere Verhaftungen nicht auszuschließen. Beschäftigen wird uns die Geschichte der RZ und der Roten Zora vor allem - aber auch die Geschichte ihrer Widersprüche - insofern, als sich hier auch wichtige Aspekte linksradikalen Widerstandes in Deutschland ganz allgemein thematisieren lassen.

Zu hören sind Auszüge unseres Gesprächs mit dem Strafrechtler und Autor Oliver Tolmein. Oliver Tolmein veröffentlichte zu Themen wie Eugenik, Gentechnologie, aber auch immer wieder zur Geschichte des bewaffneten Kampfes in Deutschland. Desweiteren kommentierte er Auszüge aus Originalerklärungen der RZ und der Roten Zora.

Zunächst jedoch einige für die aktuelle Situation wichtige Fakten in Kürze. 1989 wurde in Frankreich H.J. Klein verhaftet. Klein war 1975 an einer Aktion der RZ - zusammen mit Palästinensern - auf die Opec-Konferenz in Wien beteiligt; es kommen Menschen zu Tode, er selbst wird schwerverletzt mit dem Restkommando ausgeflogen. Klein sagt sich in Folge dessen vom Terrorismus medienwirksam los, bleibt aber untergetaucht und belastet bis zu seiner Festnahme niemanden. Nun aber selbst des Mordes angeklagt, beginnt Klein auszupacken. Rudolf Schindler wird daraufhin festgenommen. Wen Klein noch weiter belastet, das ist bisher offen.

Ein zweiter Auspacker bringt 1999 die Maschinerie so richtig ins Rollen. Tarek Mousli, der Rädelsführerschaft in der damaligen Berliner RZ der 80er Jahre, sowie auch anderer konkreter Anschläge bezichtigt, belastet mehrere Menschen schwer. Am 9./10.12.1999 werden Sabine, Axel und Harald verhaftet und zugleich das alternative Projektzentrum Mehringhof von tausend Sicherheitsbeamten nach Sprengstoff und Waffen durchsucht. Angaben Tarek Mouslis zufolge sollten hier Relikte des Berliner RZ-Inventars versteckt sein, gefunden wurde nichts.

Die Ausplauderei zeitigt jedoch auch weitere Folgen. Anfang Februar dieses Jahres wurden die seit 1978 abgetauchten Sonja und Christian in Paris festgenommen. Diese beiden - wie auch Rudolf Schindler und Sabine Eckle - wurden bereits 1978 gesucht. Hintergrund war eine der dubiosesten Verhöraktionen bundesdeutscher Verfolgungsbehörden, die je bekannt wurde.

Deshalb ein kleiner Exkurs zur Geschichte der Strafverfolgung gegen die RZ.

Oliver Tolmein Es war so, daß Herman Feiling an einem Sprengsatz gebaut hatte in Heidelberg. Dieser Sprengsatz war detoniert, während er daran gebastelt hatte und er war schwerst verletzt worden, d.h. seine Augen waren zerstört worden und er hatte mehrere Gliedmaßen zerstört, so daß er also vollständig amputiert war. In dieser Situation, schwerst verletzt und nach so einem Unfall, ist er in die Intensivstation gebracht worden, dort operiert worden und er ist dann anschließend vollständig von der Polizei abgeschirmt, ohne einen juristischen Beistand und in einer Situation, die man wirklich getrost als Extremstsituation bezeichnen kann, von der Polizei tagelang verhört worden und zwar rund um die Uhr.

Das sind zumindest Methoden, die sind selbst in der bundesdeutschen Strafprozeßordnung, im § 136 a eindeutig verboten. Man sieht, glaube ich, ohne groß zu übertreiben, angesichts der Situation von Hermann Feiling, die auch als psychische Folter betrachtet werden kann, und es ist einer der ganz, ganz wenigen Fälle gewesen, in denen deswegen vor einem bundesdeutschen Staatsschutzgericht, was nun nicht gerade durch übergroße Liberalität in solchen Fragen gekennzeichnet war, und das schon gar nicht in dieser Zeit - die ja geprägt war von großer Terrorismushysterie und von insgesamt einem ausgereizten innenpolitischen Klima, das sehr viel schärfer aufgeheizt war, als das heute auch nur vorstellbar ist. Also in dieser Situation hat die Staatsschutzkammer des OLG Frankfurt entschieden, daß die Aussagen eben nicht verwertbar sind und zwar überhaupt nicht. Es sind auch deswegen keine Beweise, die in diesem Zusammenhang erhoben worden sind, zugelassen worden; und damit ist eben dieses Strafverfahren damals gegen Mitglieder der RZ beendet gewesen. Es ist wirklich ein exemplarisches Strafverfahren gewesen, es war keineswegs von vornherein klar, daß das passieren würde. Es gab damals eine ziemlich breit angelegte Solidaritätsbewegung zugunsten von Hermann Feiling und denen, die von diesem Strafverfahren damals auf Grund seiner, ja, Aussagen kann man das eigentlich gar nicht nennen, betroffen waren.

In einer bundesweiten Razzia unter dem Namen Aktion Zobel versuchte man im Dezember 1987 das vermeintliche Umfeld der RZ und der Roten Zora aufzumischen. Neben Ingrid Strobl wurde auch Ulla Penselin verhaftet, die jedoch nach mehreren Monaten wieder freigelassen werden mußte. Mehrere Personen, die während der Razzia nicht anwesend waren, tauchten vorsichtshalber ab. Strobl räumte zwar den Weckerkauf ein , allerdings - so betonte sie - ihn an Mr. X weitergegeben zu haben. Sie gab dessen Identität nicht preis und wurde trotz großer Solidarität wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu einer Haft von 5 Jahren verurteilt, wovon sie allerdings nur 2 1/2 Jahre absaß.

Dieses Verfahren war sozusagen der Startschuß für den § 129 a. Die Besonderheit dieses Paragraphen liegt nun darin, daß dem Beschuldigten keine konkrete Aktion mehr nachgewiesen werden muß, sondern allein die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder aber die Werbung und Unterstützung einer entsprechenden Vereinigung ausreicht.

Vermittels jenes beliebigen interpretierbaren Vorwurfs wurde beispielsweise die Unterstützung der Forderung hungerstreikender RAF-Gefangener in vielen Fällen mit Knast geahndet. Die speziell auf linksradikale Theorie und Praxis zugeschnittene Kriminalisierung , für die der § 129 a symbolisch steht, fand im Zuge der Aktion Zobel noch eine weitere brisante Erweiterung. Durch die Konstruktion sogenannter anschlagsrelevanter Themen sollte die Beschäftigung mit einschlägigen RZ-Themen, also beispielsweise die Flüchtlingspolitik oder Gentechnologie, als unlautere Vereinswerbung eingestuft werden.

Wie breit und flächendeckend der § 129 a tatsächlich in seiner Zeit angewandt wurde, belegt im übrigen das Verfahren gegen Radio Dreyeckland wegen Abspielens genau jenes Songs, der infolgedessen dann nur noch im remix gesendet werden konnte.

Bis heute nun sollte die Situation der Verfolger dennoch unbefriedigt bleiben. Auch die aktuellen Aktionen kranken an dem Fehlen selbsterarbeiteter Beweise. Alle aktuellen Verfahren scheinen sich sowohl auf die Aussagen von Hans Joachim Klein als auch auf die von Tarek Mousli zu stützen. Menschen also, die auf Grund der gegen sie selbst erhobenen Vorwürfe aus juristischer Sicht im Grunde keine seriösen Zeugen darstellen. Beide werden wohl direkt oder indirekt in den Genuß der sogenannten Kronzeugenreglung kommen und werden also für den Verrat sowie für die Belastung Dritter belohnt werden.

Wenn nun im kommenden Jahr die Prozeße laufen, dann geschieht dies auf Grund einer juristisch höchst umstrittenen, gewissermaßen halblegalen Regelung, die Plänen der Rot/Grünen - Regierung zufolge gekippt werden soll. Ich fragte Oliver Tolmein, wie die BAW mit diesem Legitimationsproblem umgehen wird. Also die Problematik der Kronzeugenregelung in diesem Zusammenhang ist ganz sicher eine Problematik, die mit dem Klein-Verfahren und mit dem, was H.J. Klein an Belastung bringt, auftauchen wird. Denn H.J. Klein wird ja unter anderem im Zusammenhang mit dem Opec-Attentat von 1975, bei dem Menschen ums Leben gekommen sind, also wegen Mordes angeklagt.

Und Mord ist ja in der Bundesrepublik, in unserem Strafgesetzbuch mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne Milderungsmöglichkeiten erstmal versehen. Die Kronzeugenregelung ist die einzige Möglichkeit, um jemanden legal, der wegen Mordes angeklagt ist, nicht lebenslang in den Knast zu bringen. Und daß die Ermittler kein Interesse daran haben, einen aussagebereiten Menschen wie H.J. Klein ein Leben lang in den Knast zu bringen, ist relativ eindeutig; dafür ist die Kronzeugenregelung also wirklich wichtig.

Anwendbar im klassischen Fall ist die Kronzeugenregelung nach ihrem Wortlaut auch auf H.J. Klein nicht, denn sie setzt voraus, daß der Täter oder Teilnehmer einer Straftat Wissen über Tatsachen mitteilt , das die Begehung einer künftigen Straftat verhindert. Das ist in diesem Fall nicht der Fall, weil er damit nur die Aufklärung einer solchen Straftat fördert. Aber aufgeklärt ist die Straftat im wesentlichen . Daß er zur Ergreifung eines Täters oder Teilnehmers einer solchen Straftat beitragen kann, das ist zumindest sehr strittg, weil es hier ja darum geht, das mit H.J. Klein ja schon einer der Täter einer solchen Straftat gefunden ist.

Das große Problem bei diesen ganzen Kronzeugengeschichten ist ja, daß sie eine Glaubwürdigkeit dieses Kronzeugen voraussetzen, die in der Regel eben gerade nicht gegeben ist und das ist auch bei H.J. Klein nicht der Fall. Also man geht normalerweise davon aus : die Kronzeugenregelung - so, wie sie gedacht ist - sollte dazu führen, daß Leute, die noch in der Illegalität sind, sich dann freiwillig offenbaren, um dann einen Weg zurück in die Legalität zu machen. Das hat kein einziger Mensch getan, sondern immer war es so, daß Leute, wenn sie bereits in Haft saßen, dann angefangen haben, um aus dieser Haft rauszukommen, andere zu belasten und das ist eine Situation, wo jeder Kriminologe, jeder Strafprozeßrichter sagt: Naja, diese Aussagen sind nun eindeutig nicht sehr glaubwürdig. Daß die rechtliche Grundlage zum Zeitpunkt des Verfahrens möglicherweise weggefallen ist, ist ein zusätzliches Problem, wobei da muß man nochmal warten, wie das dann tatsächlich der Fall sein wird, denn die Kronzeugenregelung an sich soll abgeschafft werden, aber es gibt Pläne im Bundesjustizministerium, eine vergleichbare Regelung in einen anderen Paragraphen des Strafgesetzbuches reinzuschreiben, nämlich in § 46, der die Strafzumessung regelt. D.h. also, möglicherweise wird man bis dahin irgendeine Form von rechtlicher Grundlage für so ein Verfahren haben. Ansonsten hat sich die BAW noch nie damit schwer getan, das Recht, wenn es ihr denn paßt, ausgesprochen großzügig auszulegen.

Bei Tarek Mousli ist die Situation sowieso nochmal ganz anders, weil für den gibt es auch ohne Kronzeugenregelung aufgrund dieses bereits existierenden § 46 eine Reihe von deutlichen Strafmilderungsmöglichkeiten, so daß dort auf jeden Fall die Chance für ihn besteht, daß er auf Grund von Aussagen, die er gemacht hat, mit einer milden oder gar keiner Strafe davon kommt.

Das setzt allerdings voraus - anders als bei der Kronzeugenregelung - daß es ein Gerichtsverfahren gibt, aber daran hat die BAW möglicherweise sowieso ein Interesse. Es fällt auf, daß der Aufwand, mit welchem man der RZ habhaft zu werden versucht, nicht von einer derartigen Hetze begleitet wird, wie man es etwa von der RAF-Verfolgung gewohnt ist. Dies wirft die Frage nach der politischen Funktion der Kriminalisierung in diesem Fall auf. Ist der Linksextremismus, wie es so schön heißt, in seiner projektiven Bedeutung für gesellschaftliche Wahnvorstellungen etwa obsolet geworden?

Es ist nicht so, das es irgendwo einen Zusammenschluß gäbe, wo sich der Generalbundesanwalt und ein paar Politiker und die Chefredakteure irgendwelcher Zeitungen zusammensetzen, um zu überlegen, welche Punkte müssen wir jetzt auf unserer Staatsschutzagenda noch abarbeiten, um dann anschließend sozusagen unsere Aufgaben voll erledigt zu haben. Wenn man sich jetzt das RZ-Verfahren anschaut, dann hat die Generalbundesanwaltschaft, die das ja ganz wesentlich betrieben hat, mehrere Interessen.

Zum einen denke ich, ist es das Jagdfieber von Staatsanwälten, insbesondere natürlich das des Generalbundesanwalts, eine Organisation, hinter der man solange hinterher ist, das gilt sicherlich auch für das BKA, da nun endlich mal jemanden dingfest zu machen. Das ist ein ganz großes Eigeninteresse, dessen Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Der zweite Punkt, der sicherlich eine große Rolle spielt, ist, daß die RZ und die Rote Zora zumindest als Mythos, trotz ihrer Auflösung Anfang der 90er Jahre, fortleben in den Köpfen vieler Leute und so wie es der BAW ganz wesentlich darum zu tun war, bei der RAF irgendwo einen juristischen Schlußstrich zu ziehen und durch diese Verfahren dazu zu kommen, festzustellen, daß die RAF nichts Tolles war, sondern was ganz Furchtbares. Und Leute sich da moralisch und menschlich schlecht benommen haben. So ist es ihnen natürlich auch ganz wichtig, diesen Mythos, daß es eine linksradikale Gruppe geben kann, deren Mitglieder einfach nicht erwischt werden, die Anschläge - und es waren ja auch sehr viele Anschläge - gemacht haben, die führende Repräsentanten auch noch der Justiz und der Ausländerpolizei körperverletzen konnten, ohne daß dort irgend eine Sanktionierung erfolgt. So einem Eindruck irgendwann zumindest nochmal vorzuschieben und letzten Endes doch noch am Schluß die Botschaft zu haben : militanter Linksradikalismus wird irgendwann auf jeden Fall durch den Staat auch erfolgreich verfolgt.

Das ist eine zweite Funktion und eine eine dritte ist natürlich die Propagandistische. Da gibt es möglicherweise einfach eine gewisse Lücke zwischen dem, was die BAW sich vorgestellt hat und dem, was die Medien daraus machen, wobei ich denke, da muß man mal schauen, wie sich das weiterentwickelt. Zweifelsohne ist es so, daß die Medien im Augenblick andere Interessen haben, als jetzt die großen Horrorstorys über die RZ zu veröffentlichen. Andererseits tun sie auch nichts, um jetzt in irgendeiner Art und Weise gegen diese Form von Justiz und es war ja auch eine schwere Justiz, gegen Leute zu schreiben, die nichts anderes beschuldigt werden , als das sie einer Gruppe angehören, die sich schon längst aufgelöst hat. Und bei denen das einzige Belastungsmaterial, was gegen sie vorgebracht werden kann, die zumindest recht dürftigen Aussagen eines selbst verhafteten Menschen sind. Also d.h. das rechtsstaatliche Bewußtsein der Medien in diesem Bereich ist auch nicht besonders groß und da muß man mal schauen, wie sich dieser Bereich weiter entwickelt. Sicherlich ist es auch kein Zufall, das die BAW nun gerade die Knieschüsse auf den Vorsitzenden Richter des Bundesverwaltungsgerichts und auf den Chef der Berliner Ausländerpolizei Mitte der 80er Jahre in den Mittelpunkt ihrer ganzen Geschichte stellt, obwohl diese Straftaten längst verjährt sind .

Das tut sie natürlich, weil sie damit hofft, daß aufgrund solcher Taten, die nun in der Tat nicht besonders erfreulich sind und glaube ich auch eher zu den - wenn man jetzt die RZ anschaut - fragwürdigen Geschichten gehört, daß sich dadurch ein Solidarisierungseffekt möglichst vermeiden läßt und es sieht ja im Augenblick auch so aus, daß die Solidaritätsbewegung mit den Gefangenen relativ schwer in die Gänge kommt. Zitat Ende Die Praxis der RZ war von Anbeginn stark internationalistisch orientiert. Die ersten Aktionen gegen Niederlassungen von ITT 1973/74 richteten sich gegen die chilenische Militärdiktatur und deren Unterstützung durch die BRD und die USA.

Im Gegensatz zur RAF behielten die RZ jedoch ihr sozialrevolutionäres Standbein. So hatten sie Anfang der 80er, mit den Angriffen auf die BfA, das Bundesarbeitsgericht, sowie die Gewerkschaftsbürokratie, die Produktionsverhältnisse der Metropolen selbst im Visier. Trotz unterschiedlicher Ausrichtung bezog man sich lange Zeit dennoch positiv auf RAF und die Bewegung 2. Juni , deren MitstreiterInnen im übrigen später sowohl zur RAF als auch zur RZ stoßen sollten. Zurückgewiesen wurde der Versuch einiger Linker, die böse RAF gegen den frechen 2. Juni und die RZ auszuspielen.

Im Hungerstreik 1984/85 gegen die Isolationshaft und für die Zusammenlegung der RAF-Gefangenen zeigt sich jedoch erstmals, daß Teile der RZ die inhaltliche Ausrichtung der RAF politisch für antiquiert halten. Die RAF sei einer dichotomen Vorstellung verhaftet. Einer Vorstellung, die auf der einen Seite den sogenannten miK (militärisch-industrielen Komplex) unter der Führung der NATO und zunehmend auch der westeuropäischen Union zeitigt und auf der anderen Seite revolutionäre Völker und Nationen.

Olver Tolmein zum Verhältnis RAF/RZ

Also grundsätzlich, wenn man sich die Aktionen anschaut, stellt man fest, das es gravierende Unterschiede gab. RZ haben, zumindest was den Teil der RZ angeht, über den ich jetzt reden will, der hier im Inland tätig war, den deutschen also, nicht den internationalen Flügel der RZ. Die haben sich zum Beispiel in der Regel darauf konzentriert, eben gerade keine Menschen anzugreifen und zu verletzen. Insofern waren eben die Anschäge auf den Bundesverwaltungsrichter Korbmacher und den Chef der Berliner Ausländerpolizei Hollenberg sicherlich Ausnahmeaktionen.

Das hat auch damit zu tun, daß sie eine ganz andere Einschätzung der Verhältnisse als die RAF hatte und sie waren eben in der Regel nicht der Meinung , daß es nur Charaktermasken dieses Systems sind, die die Verhältnisse hier, so wie sie sind, am Laufen halten. Und gleichzeitig hatte die RZ, das denke ich ist für die Linke ganz wichtig, immer den Ansatz zu sagen: wir müssen innerhalb der radikalen Linken weiterhin verankert sein. Man kann nicht eine militante Politik machen, die sich loslöst von der politischen Betätigung. Das hatte die RAF in ihren ersten 1 1/2 Jahren ja auch als Grundsatz, es war aber relativ klar, wenn man eben anfängt Menschen umzubringen, daß das ein so hohes Maß an Auseinandersetzung mit dem Staat und Konfrontation mit dem Staatsschutzapparat ist, daß so eine Politik sowohl legal, als auch illegal gleich zu betreiben, nicht durchzuhalten ist.

Der RZ ist es weitgehend gelungen, wenn man ihre Erklärungen durchliest und wenn man sich anschaut, was sie dann real gemacht haben, dann war es immer deutlich, daß eigentlich die Auseinandersetzung mit dem, was auch innerhalb der legalen Linken passiert, mindestens genauso wichtig ist wie die Frage, ob sie jetzt 10 oder 100 Ziegelsteine aus einer Mauer gesprengt haben. Es gab bei der RZ immer Aktionen, wie der Überfall auf das humangenetische Institut der Universität Münster oder Aktionen gegen Ausländerbehörden oder gegen eine Humangenetikerin hier in Hamburg, bei denen die Erbeutung von Akten und Unterlagen im Zentrum standen. Die also ein hohes Maß an aufklärerischer Funktion hatten und in gewisser Hinsicht ein linksradikaler Investigationsjournalismus waren. Also von daher hatte die RZ einen ganz anderen Ansatz.

Die Rote Zora als feministische Gruppierung ja sowieso nochmal insofern, als sie ihren Kampf auch ganz direkt als Unterstützung begriffen hat. Wenn man jetzt beispielsweise an ihre Aktion gegen die Adlerwerke denkt. Zu einem Zeitpunkt, wo koreanische Arbeiterinnen sich im Streik um bessere Arbeitsbedingungen befanden, als quasi hier zu Lande internationalistische Unterstützung eines internationalen Gewerkschaftskampfes.

Oliver Tolmein: Die Aktionen, die die Gruppierung gemacht hat, sind halt ganz schwer zu vergleichen und von daher sind diese Konzepte, auch wenn man heute bei der Lektüre der verschiedenen Bekenner-und Anschlagsbriefe verblüfft feststellt, daß die Rhetorik doch gar nicht so unterschiedlich war. Insofern sind diese Unterschiede zwischen den Gruppierungen in der Substanz ihres politischen Engagements doch ganz erheblich. Deswegen hat die RZ ja auch einerseits, das merkt man heute, größere Schwierigkeiten, denn insbesondere für jüngere Leute ist die RAF halt auch verknüpft mit Menschen, die eine Biographie haben, die man nachvollziehen kann, die man beobachten konnte. Mit denen man ganz konkret Solidarität üben konnte oder mit denen man heute ganz konkret über ihren Kampf sprechen kann, das hatten die RZ nie, andererseits hatten die RZ natürlich in der Zeit ihres Engagements ihrer praktischen politischen Tätigkeit erhebliche politische Vorteile, weil sie sich einfach nicht so abgekoppelt haben von dem, was der Rest der Linken und der Rest der Gesellschaft insgesamt macht.

Anfang der 90er Jahre setzte eine strategische Debatte ein, die letztlich das Ende der RZ markieren sollte. Neben der Reflektion und der Bilanzierung von Sinn und Unsinn militanter Organisierung ging es vor allem um eine kritische Aufarbeitung des Internationalismusverständnisses der frühen RZ. Es tauchten verschiedene Papiere verschiedener Zellen auf und es wurde deutlich, daß bereits Mitte der 70er Jahre die Zellen gespalten waren. Gespalten in einen eher sozialrevolutionär internationalistisch orientierten Flügel und einen sogenannten Internationalen vornehmlich jedoch pro-palästinensischen Flügel. Zentral in der Debatte ist die Frage des Antisemitismus.

Erinnern wir uns: 1976 entführten die beiden RZ-Angehörigen Brigitte Kohlmann und Wilfried Böse zusammen mit zwei Palästinensern ein Flugzeug mit 250 Passagieren auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris, um in Israel und Westdeutschland einsitzende GenossInnen freizupressen. Bei einer Zwischenlandung ließ man die nicht-jüdischen Passagiere frei. Die Entführung endete in Entebbe, wo eine israelische Spezialeinheit die vier Revolutionäre tötete. Zu Tode kommt auch eine Überlebende des Holocaust.

Die genauen Umstände der Aktion werden wohl für immer im Dunkeln bleiben, insbesondere die Rolle der beiden Deutschen bei dieser Aktion. Eine RZ erklärt im nachhinein, die Zusammenarbeit mit den Palästinensern wäre von Anbeginn eine hierarchische Arbeitsteilung gewesen, die Deutschen hätten nichts zu melden gehabt, von der Hand zu weisen ist dies aber nicht. So wollte es die Ironie des Schicksals, daß gerade einer der deutlichsten Verfechter bedingungsloser Solidarität mit den palästinensischen Kontakten, Gerd Albartus, später von diesen erschossen wurde, weil er möglicherweise als Querdenker suspekt geworden war. Wie dem auch sei, die Aktion von Entebbe und auch einige Erklärungen jener Zeit waren Ausdruck und Folge mangelnder Sensibilität für Antisemitismus innerhalb des Antifaschismusverständnisses der deutschen Nachkriegslinken.

So ist es konsequent, daß ein Teil der RZ, obwohl nicht dabei gewesen, 1991 die politische Verantwortung auf sich genommen hat. Nachdem in der Debatte, in die längst größere Teile der deutschen Linken eingegriffen hatte, der Vorwurf erhoben wurde, die RZ wolle sich nun vom Internationalismus lossagen, sah sich die Gruppe gezwungen, in einem zweiten Papier zu erklären.

Zitat RZ Hinterfragen wollen wir die scheinbaren Gewissheiten, mit denen wir wie der Großteil der Linken in den vergangen zwei Jahrzehnten zum israelisch-palästinensischen Konflikt Stellung bezogen haben. Hinterfragt werden Begriffe wie Kampf um Selbstbestimmung, Recht auf Boden, Agentur des US-Imperialismus etc., die uns zu Sprechblasen geworden sind. Hinterfragt wird die Selbstverständlichkeit, mit der die grundsätzliche Differenz zwischen Antizionismus und Antisemitismus von Links behauptet wird. Wenn das schon als umkippen in das andere Extrem charakterisiert wird, trifft es genau das, was Gegenstand der Kritik ist. Warum reagieren deutsche Linke besonders empfindlich und hellhörig, sobald das Verhältnis von Israel und Palästina nicht nur schwarz-weiß, sondern in Zwischentönen beschrieben wird? Wieso fühlt Mensch sich bemüßigt, mit aller Vehemenz zu wiederholen, daß Israel imperialistischer Vorposten ist und bleibt? Wenn wir uns gerade mal wieder in Erinnerung rufen, daß es auch Zufluchtsstätte ist."

Angesichts der auch in anderen Papieren enthaltenen Hinweise, das der Großteil der RZ schon in den 70er Jahren Probleme mit jener Art von Internationalismus hatte, der zu Entebbe führte, stellt sich also die Frage, warum über dieses Kapitel solange geschwiegen wurde? Tolmein erlärt sich dies wie folgt :

Zitat Es ist immer ein Problem, daß die Linke, insbesondere natürlich die militante Linke hat, daß sie sich sagt: ja wir versuchen hier unsere Politik zu machen, wir wissen daß wir harter Repression ausgesetzt sind, also versuchen wir jetzt, uns nicht auch noch untereinander zu zerfleischen.

Das führt dazu, das eben der Linienkampf, auch weil man vermeiden will, daß der Staatsschutzapparat möglicherweise wichtige Informationen bekommt, daß die Auseinandersetzungen immer erst geführt werden, wenn der praktische politische Kampf weitgehend beendet ist oder wenn man sich soweit zerstritten hat, daß man nicht mehr das Mindestmaß an Solidarität gegeneinander irgendwie ausüben will. Für die politischen Auseinandersetzungen ist das immer sehr problematisch und anscheinend ist das einer der Punkte, weswegen die militante Linke so große Schwiergkeiten in den 80er Jahren hatte und weswegen es diesen Niedergang auch gegeben hat, neben vielen sonstigen Rahmenbedingungen.

Dies war auch der Punkt, daß dieses Denken - man darf Auseinandersetzungen nicht austragen, weil sie dem Gegner nützen könnten - letztlich auch zu Verhältnissen in einer Situationen führt, die dem Gegner, nicht nur dem Staatsschutzapparat, nur nützen kann. Das sind Verhältnisse, in denen eine politische Auseinandersetzung im Keim erstickt wird und das ist sicherlich eine ganz, ganz schwere Situation, aber man kann sicher sein, daß die RZ sich es damals auch nicht leicht gemacht haben.

Der Grund dafür, daß es keine Auseinandersetzung darum gegeben hat, denke ich, war sicherlich, daß in den Flügeln der RZ , die damals solche Positionen vertreten haben, diese Positionen als völlig in Ordnung angesehen wurden. Ich glaube, solche Positionen würden auch heute noch von Teilen der damaligen RZ als völlig in Ordnung angesehen werden. Es ist ja nicht so, daß -es ist ja auch heute noch so - daß es durchaus nur Fraktionen der Linken sind, die in diesem Bereich ein etwas ausgeprägteres historisches Bewustsein entwickelt haben und ich weiß nicht, ob diese Fraktion der Linken, die das heute haben , ob die wirklich soviel größer sind, als sie es damals waren.

In den Aktionen und Positionen der RZ und der Roten Zora kam Mitte der 80er Jahre schon mal der Versuch durch, mit dem problematischen Imperialismusbegriff und dem positiven Bezug auf sogenannte revolutionäre Völker oder gar Nationen zu brechen. TRIPLE OPPRESSION , die wechselseitige Durchdringung von Sexismus, Rassismus und ökonomischer Ausbeutung war nun die ausgewiesene Konfrontationslinie. Hinsichtlich der Gefahr antisemitischer (Kondukation?) sicherlich eine begrüßenswerte, dennoch nicht unproblematische Entwicklung, wie Oliver Tolmein findet.

Also wenn man sich gerade die Erklärung anschaut, die die RZ zu den Anschlägen auf Hollenberg und Korbmacher veröffentlicht haben, dann sind das Erklärungen, die zwar einerseits durch so einen neuen Antiimperialismus geprägt sind, das sind gleichzeitig aber, ohne daß ich das jetzt den Leuten, die daran beteiligt waren, unterstellen will, sie sind aber gleichzeitig in einem hohen Maße einem Weltbild verhaftet, das auch kompatibel zu antisemitischen Positionen ist, weil dort diese Vorstellung, es gibt irgendwie eine böse volksferne Elite im Volk oder Gruppierung im Volk, die hier ganz vehement bekämpft werden muß, die ist dafür ganz prägend.

Da sind auch sonst ganz atavistische Strukturen in den Erklärungen enthalten. Der Bezug, der das jetzt hier auf einzelne Nationen und deren Befreiungskampf nicht mehr so gesetzt wird, ist richtig, aber ich befürchte, das ist ersetzt worden durch Positionen, die einem internationalen Proletariatmythos huldigen, der im Ergebnis auch nicht viel besser ist und der natürlich auch sich wenden kann gegen Finanzkapital und damit natürlich immer auch gegen das jüdische Finanzkapital, also das ist gerade die Position, bei denen es um diese Anschläge, die hier jetzt eine Rolle spielen, meines Erachtens überhaupt nicht gesichert und überhaupt nicht so, daß man sagen kann, das sind nun Positionen, die sind von so einem potentiellen Antisemitismus in der Linken weitentfernt, das kann man nicht sagen.

Was in einer Erklärung der RZ bereits 1975 anklang, gehörte ab Mitte der 80er Jahre zum guten Ton der gemischtgeschlechtlichen Gruppen. Die Proklamation des antipatriarchalen Kampfes. Einige Frauen der RZ waren jedoch unzufrieden, als sich diese Proklamation kaum im alltäglichen Umgang der Militanten und in der politischen Praxis niederschlug.

Sie gründeten die Rote Zora. Hören wir, was sie 1984 in einem Selbstinterview erzählten:

Wie seid ihr zu eurem Namen gekommen? Die rote Zora und ihre Bande, das ist die wilde Göre, die die Reichen bestiehlt, ums den Armen zu geben und Banden bilden, sich außerhalb der Gesetze zu bewegen, das scheint bis heute ein männliches Vorrecht zu sein. Dabei müßten doch gerade die tausend privaten und politischen Fesseln, mit denen wir als Mädchen und Frauen kaputtgeschnürt werden, uns massenhaft zu Banditinnen für unsere Freiheit, unsere Würde, unser Menschsein machen. Gesetze, Recht und Ordnung sind grundsätzlich gegen uns. Selbst, wenn wir uns ein paar Rechte schwer erkämpft haben und täglich neu erkämpfen müssen. Radikaler Frauenkampf und Gesetzestreue, das geht nicht zusammen . Was für Aktionen habt ihr bisher gemacht und auf welchem Hintergrund ?

Angefangen haben die Frauen der RZ 1974 mit einem Bombenanschlag auf das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, weil wir ja alle die Abschaffung des § 218 wollten und nicht diese jederzeit manipulierbare Indikationslösung. In der Walpurgisnacht 1977 haben wir einen Sprengsatz bei der Bundesärztekammer gezündet, weil von dort aus selbst diese reduzierte Abtreibungsform mit allen Mitteln hintertrieben wurde. Dann der Anschlag auf Schering während des Duogynonprozesses und immer wieder Angriffe gegen Sexshops. Eigentlich sollte täglich einer dieser Pornoläden brennen oder verwüstet werden. Also wir halten es für eine absolute Notwendigkeit, die Ausbeutungen der Frau als Sexualobjekt und Kinderproduzentin aus dem Privatbereich herauszureißen und mit Feuer und Flamme unsere Wut und unseren Zorn darüber zu zeigen.

Unsere letzten Anschläge richteten sich gegen Siemens und die Computerfirma Nixdorf, sie trat mit der Entwicklung neuer Herrschaftstechnologien, immer ausgeklügelterer Möglichkeiten der Kriegsproduktion und der Widerstandsbekämpfung voran. Darüberhinaus ging es uns dabei um ihre Vorreiterfunktion bei der Umstrukturierung von Arbeit, vor allem auf dem Rücken der Frauen weltweit. So wie jede Frau in Heimarbeit, Kpovaz(kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) und Teilzeitarbeit voneinander isoliert und ohne soziale Absicherung profitabel ausgebeutet werden sollen, mit den Technologien dieser Firmen, so werden die Frauen in der sogenannten Dritten Welt bei der Produktion dieser Elektronik regelrecht verschlissen. Mit 25 Jahren sind sie total kaputtgearbeitet, ausrangiert.

Ihr habt erklärt, wie ihr eure Praxis begreift, warum ihr euch im Zusammenhang der RZ organisiert, geht daraus allerdings nicht hervor! Hauptgrund ist erstmal, daß diese Politik von den RZ entwickelt wurde und wir finden sie nach wie vor richtig. Wir haben in unserer Entwicklung eigene Inhalte bestimmt, deswegen sind wir ja als Frauen autonom organisiert, greifen aber auf die Erfahrungen der RZ zurück. Darüberhinaus kann eine Zusammenarbeit von radikalen Gruppen den militanten Widerstand insgesamt stärken. Es gab produktive Zusammenarbeit, wie die Aktionen zum Reaganbesuch oder das Diskussionspapier zur Friedensbewegung In Gefahr und höchster Not bringt der Mittelweg den Tod .

Es gibt auch immer wieder nervige Diskussionen, denn die Männer, die ansonsten ihren radikalen Bruch mit diesem System in eine konsequente Praxis umsetzen, sind oft erschreckend weit davon entfernt zu begreifen, was antisexistischer Kampf heißt und welche Bedeutung er für eine sozialrevolutionäre Perspektive hat. Es ist unter uns Frauen auch umstritten, wo die Grenzen sind, an denen uns die Zusammenarbeit stärkt, oder unseren Frauenkampf lähmt, wir denken aber, daß uns mit einigen Frauen der RZ's unsere feministische Identität verbindet. Wie schätzt ihr die derzeitige Frauenbewegung ein? Es fehlt ein ablehnendes Verhältnis zur staatlichen Politik, zusätzlich wurde die Wende in der Familienpolitik durch die Welle der neuen Mütterlichkeit in der Frauenbewegung vorweggenommen.

Die Klassenfrage wurde auch immer ausgeklammert, soziale Unterschiede wurden durch die Gleichheit der sexistischen Ausbeutung negiert. Das erschwert gerade in der jetzigen Krise eine Antwort auf die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und verschärfter Ausbeutung, sowie auf die reaktionäre Familienpolitik. Das Fehlen einer Handlungsperspektive, um angemessen auf den Krisenangriff zu reagieren, führt zu dem Dilemma, entweder offensiv gegen die reakionäre Politik vorzugehen oder lediglich die Entfaltung von Subjektivität in Frauenfreiräumen zu retten.

In den Debatten zum Ende der RZ meldete sich die Roten Zoras interessanterweise nicht zu Wort. 1993 dann Aktionen gegen das Asylbewerberleistungsgesetz beziehungsweise gegen Firmen, die dessen Vollzug logistisch durchsetzten und davon profitierten.

Die Frage, wie die neue Situation gegenüber den 80er Jahren, als die rassistische Formierung durch Institutionen neu durch die Politik forciert wurde, die Frage also, wie die volksgemeinschaftliche Formierung der 90er Jahre, wie also eine militante Praxis auf Rostock und Hoyerswerda aussehen könnte, jene Frage also, die in der RZ-Debatte von 1991 und denen der antinationalen Linken diskutiert wurde, sie wurde auch von den roten Zoras nicht beantwortet.

Dennoch sollten die roten Zoras in dieser Phase, wenn auch ungewollt auf andere Fragen, Antworten geben. Im 1993 erschienenen Grundsatzpapier Millis Tanz auf dem Eis ziehen sie kritisch Bilanz der Jahre nach den Aktionen gegen Adler und der Repression in Folge der Aktion Zobel . Zitat Aus verschiedensten Gründen andere Schwerpunkte setzen, militanten Widerstand nicht mehr angemessen finden, Festgefahrenheit in der Organisationsstruktur und damit einhergehende Schwerfälligkeit und Verlust von Lebendigkeit. Trennten sich die meisten roten Zoras von unserem Zusammenhang und somit stehen wir quasi am Neuanfang.

Der proklamierte Neuanfang sollte schließlich auch das Ende der roten Zoras sein, diese Sätze verweisen auf ein sterbendes Konzept der roten Zoras und der RZ. Das Agieren aus der Legalität heraus verhinderte die Märtyrerbildung und ermöglichte es Menschen, ohne allzugroße biographische Brüche, die Entscheidung für militante Praxis zu treffen, sie gleichzeitig aber auch ohne Gesichtsverlust revidieren zu können, wenn sie nicht mehr können oder wollten. Was lange Zeit von einigen hardcore- Leuten der RZ vorgeworfen wurde, sie würde sich im Gegensatz zur RAF eine Hintertür ins bürgerliche Leben offenhalten, erwies sich als adäquarter Ansatz unter den Bedingungen metropolitaner Widersprüchlichkeit.

Dies nicht auszublenden und dennoch militant handlungsfähig zu sein, in einem Land ohne die Tradition bewaffneten Widerstandes, allerdings jedoch der Autoritätshörigkeit stellt die Geschichte der RZ den wichtigen Versuch dar zu zeigen, daß auch militanter Widerstand möglich ist, alle können alles und es braucht dazu keine Helden und Märthyrer. Das Konzept Schafft 2-3-4 möglichst viele revolutionäre Zellen fand im gewissen Maße tatsächlich Resonanz. Man denke an massenhafte revoluionäre HeimwerkerInnen und dergleichen mehr, eine Entwicklung, welche die RZ stets propagierte.

Die Möglichkeit, sich anonym und unabhängig von hierachisch vermittelten Scenekontakten eine entsprechendes Know-how anzueignen, wurde maßgeblich durch die beliebten RZ-Bastelanleitungen Realität. Basteltips, die zugleich die Hierarchie der Praxisform selbst demontieren sollten. Fahrkartenfälschung oder Stinkbombenattentate, revolutionärer Zorn selbst gemacht. Auf der anderen Seite steht das Projekt RZ auch für die Zurückweisung jener deutschen Sekundärtugend, die weder die bedingungslose Hingabe an eine Sache um ihrer selbst willen, noch die Härte gegen sich und andere als Bedingung radikalen Handelns auswies, - Mensch oder Schwein ? - diese Frage stellt die RZ nie.

Vieles im Zusammenhang revolutionärer Zellen / Rote Zora kann nur angerissen werden, es bleiben Fragezeichen. Nicht zuletzt deshalb, weil es außer den zweifelhaften Kronzeugen Klein und Mousli niemanden gibt, der oder die wie im Falle der RAF oder der Bewegung 2. Juni angesichts längst abgegoltener Strafen offen über ihre Geschichte reden könnte. Nun gibt es jedoch 6 Menschen, denen der Prozeß gemacht werden soll. Sie müssen raus.

Zur weiteren Beschäftigung mit der Geschichte der RZ und der Roten Zora ist das zweibändige Werk Früchte des Zorns , Text und Material zur RZ und zur Roten Zora zu empfehlen. Es ist erschienen 1991 in der Edition ID-Archiv. Aktuelle Informationen zur Verfahrenslage und zur Solidarität mit den Gefangenen: dazu lohnt sich ein Blick in die Berliner Scenezeitung Interim sowie ein Blick auf die folgenden Internet-Seiten: www.freilassung.de www.tolmein.de ihr hörtet eine Sendung von Radio Dreieckland Freiburg / 02/2000 / Redaktion Aufgehoben Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle, Wir kriegen sie Alle,....

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