Einige Passagen aus Axels Briefen
23. Januar
Zur Situation: Die "Adrenalinphase" ist vorbei, bei fast jedem
Schlüsselklappern weiß ich was kommt.
Von daher drückt der Trott etwas mehr. Auch das
"rituelle" Beantworten aller Grüße, die mich
erfreulicherweise erreichen, habe ich etwas zurückgestellt, bekam so
etwas pflichtgemäßes. Will aber immer noch früher oder
später auf alle reagieren.
Der "Kommunikationsfilter", den Situation und Mauern
darstellen, nur schriftlich Fixiertes oder woanders Besprochenes erreicht
mich, nicht prozesshaftes mehr, das nervt zunehmend, muß ich 'ne
Umgangsform für finden. Austausch mit den Mitgefangenen gibt's so
eigentlich nicht. Ein oberflächlicher Umgang spielt sich ein. Alle
sind auf Grund der Ungewißheit über die hohen zu erwartenden
Haftstrafen erstmal mit sich selber und ihrer Hoffnung/ Angst
beschäftigt und machen dicht.
Schlafen ist sehr wechselhaft, oft hängt es mit den Gedanken nach
dem Lichtlöschen zusammen, ob's mit dem Einschlafen klappt,
Träume oft heftig.
6. Februar (nach abgelehnter Haftentlassung)
Gestern, und ein wenig heute noch, habe ich gebraucht, um aus dem
kleinen Tief rauszukrabbeln, in das mich dieser bescheuerte
"Ausflug" nach Karlsruhe rutschen ließ. Widersprüche
zwischen Kopf und Bauch.
Mit einer Kombination aus ein wenig Körperprogramm (Gymnastik in
der Zelle und beim Hofgang), etwas Beschäftigung (Post beantworten)
und ein bißchen Wohlseinlassen (Frühstück und Lesen im
Bett) entwickle ich eine ganz wirksame Methode, um solche Momente
aufzufangen und zu überwinden...
Auch hier haben zumindest zwei Mitgefangene bemerkt, daß es mir
nach dem "Ausflug" nicht so gut ging, und mich darauf
angesprochen. Mit kurzen Bemerkungen nur, sind auch beide der deutschen
Sprache nicht sehr mächtig, eine Hand kurz auf meiner Schulter,
dennoch wohltuend, hilfreich.
3. März
Gerade haben sie uns die Entscheidung, Frischluft oder nicht, wieder
abgenommen, es ist zwar sehr duster draußen, regnet aber nicht.
Dennoch, kein Hofgang.
Dafür aber Duschen und die Mitgefangenen haben ganz begeistert
über BIG BROTHER berichtet. So setzt sich "spielerisch"
durch, wogegen sich vormals viele gewehrt haben. Der gläserne Mensch,
jede Regung wird erfaßt und kartographiert.
Das Prinzip hier ist zwar im Grunde erzwungen, funktioniert aber
ähnlich.
Für die Kameraüberwachung gibt's auf der anderen Seite
mehr Freizeit, TV etc.
Bei der Post von gestern war auch der Zitronenfalter. Ich finde ihn ganz
gelungen und die gesetzten Schwerpunkte finde ich politisch richtig.
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